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Wenn es im Betrieb schwierig wird

  • Micaela Gregoire
  • 8. Mai
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: vor 2 Tagen

Kein gutes Gefühl? Das kannst du als Azubi tun

von Micaela Gregoire


Als ich meine Ausbildung in Deutschland begonnen habe, war ich voller Erwartungen. Doch schnell merkte ich, dass der Alltag im Betrieb ganz anders war als gedacht: schlechte Kommunikation, respektloser Umgang und Aufgaben, die nichts mit meiner Rolle als Azubi zu tun hatten. Ich fühlte mich oft überfordert und nicht ernst genommen.



Weil ich aus dem Ausland komme, war es für mich besonders schwierig. Ich hatte ständig das Gefühl, „Ja“ sagen zu müssen, auch wenn es mir eigentlich zu viel war. Ich konnte keine Grenzen setzen – aus Angst. Die Angst, meinen Platz in der Ausbildung und damit meine Aufenthaltsperspektive in Deutschland zu verlieren, war sehr groß. Und mein Deutsch war anfangs noch nicht gut genug, um mich klar auszudrücken oder Hilfe zu suchen.


Mehrmals dachte ich daran, die Ausbildung ganz aufzugeben. Doch mit der Zeit verstand ich: Ich bin nicht das Problem – das Umfeld war es. Mit Mut, Informationen und Unterstützung konnte ich rechtzeitig den Betrieb wechseln. Heute bin ich in einem Unternehmen, das mich respektiert und wirklich ausbildet. Es war nicht leicht, aber es war möglich.


Deshalb teile ich hier meine Erfahrung – und wichtige Infos, die dir helfen können, wenn du in einer ähnlichen Lage bist.

 

1. Probleme erkennen.

  • Schlechte Kommunikation: Du bekommst keine guten Erklärungen. Du weißt nicht, was du machen sollst oder wirst oft ignoriert.

  • Kein Respekt: Du wirst nicht ernst genommen. Du wirst angeschrien oder schlecht behandelt.

  • Zu viel Arbeit / Stress: Du arbeitest ständig unter Druck, bekommst keine Pausen oder musst Dinge alleine machen, die du noch nicht kannst.


2. Was darf nicht passieren?

Auch als Azubi hast du Rechte! Diese Dinge sind nicht erlaubt:


  • Du arbeitest wie eine volle Arbeitskraft.

  • Du bekommst keine Erklärungen oder Hilfe.

  • Du wirst gemobbt oder ausgeschlossen.

  • Du wirst ständig unter Druck gesetzt oder beleidigt.

 

3. Was kannst du tun?

  • Alles dokumentieren: Wann ist was passiert? Wer war dabei?

  • Mit jemand reden: Such das Gespräch mit deiner Ausbilderin oder einem Menschen, dem du vertraust, z. B. einer Lehrerin oder einem Lehrer in der Berufsschule.

  • Ruhig bleiben: Versuch Sachlich zu bleiben. Überleg vorher, was du sagen willst und wie du was rangehst.


4. Wer kann dir helfen?

Wenn du das Gefühl hast, dass du in deinem Betrieb oder mit deiner Berufsschule nicht weiterkommst, gibt es viele Stellen, die dir helfen können. Dazu gehören:


  • Betriebsrat: Wenn du in einem größeren Betrieb bist, gibt es oft einen Betriebsrat, der sich um die Interessen der Azubis kümmert.

  • Ausbildungsberatung: Viele Kammern (z. B. IHK oder HWK) bieten Beratungen an, wenn es Probleme mit dem Betrieb gibt.

  • Berufsschule: Deine Lehrer:innen und das Sekretariat können dir Tipps geben oder dich an die richtigen Stellen weitervermitteln.

  • Externe Hilfe: Projekte wie QUABB (Qualifizierte Ausbildungsbegleitung) bieten Beratung und Unterstützung für Azubis, wenn es schwer wird.


Du bist nicht alleine. Es gibt viele Wege, Unterstützung zu finden.

 

5. Warum du mit deiner Firma sprechen solltest

Mit deiner Ausbilderin oder deinem Ausbilder zu sprechen braucht manchmal Mut. Aber: Nur, wenn du sagst, was dich stört, kann sich etwas ändern. Darum ist es wichtig, das Gespräch zu suchen:


  • Probleme ansprechen: Nur wenn du sagst, was dich stört, kann sich wirklich etwas ändern.

  • Missverständnisse klären: Ein Gespräch hilft oft, Dinge richtigzustellen, die falsch verstanden wurden.

  • Engagement zeigen: Du zeigst, dass dir deine Ausbildung wichtig ist und du Verantwortung übernimmst.

  • Gemeinsam Lösungen finden: Viele Probleme lassen sich im Gespräch leichter und schneller lösen.

  • Frust vermeiden: Wenn du alles runterschluckst, staut sich Ärger nur an.

  • Unterstützung erhalten: Vielleicht bekommst du Hilfe, von der du bisher nichts wusstest.

  • Vertrauen aufbauen: Ehrliche Gespräche schaffen ein besseres Verhältnis zu Ausbilderinnen und Ausbildern.

  • Kommunikation üben: Du lernst, deine Anliegen klar und selbstbewusst zu formulieren.


Die Ausbildung ist nicht da, um nur einfache Arbeiten zu machen oder schlecht behandelt zu werden. Du sollst etwas lernen – das ist dein Recht.


6. Schritte für ein gutes Gespräch

Du kannst dein Problem mit diesen vier Schritten erklären. Du kannst vorher üben – z. B. schriftlich oder mit einer Freundin / einem Freund im Rollenspiel.


  • Situation: Was passiert genau?

    Erkläre die Situation so ruhig und neutral wie möglich. Vermeide Vorwürfe, nutze zum Beispiel „Ich“-Botschaften.

  • Gefühl: Wie fühlst du dich dabei?

    Sag ehrlich, wie du dich fühlst. Gefühle kann niemand „falsch“ finden.

  • Grund: Warum ist das ein Problem?

    Erkläre, warum die Situation dich belastet. Warum ist das für dich wichtig?

  • Wunsch: Was soll sich ändern?

    Sag klar, was du dir wünschst oder was sich verbessern soll. Formuliere es als Wunsch – nicht als Befehl.


7. Deine Rechte in der Ausbildung

Deine Ausbildung ist durch Gesetze geschützt – zum Beispiel:


  • das Berufsbildungsgesetz (BBiG)

  • das Jugendarbeitsschutzgesetz

  • das Arbeitszeitgesetz

  • das Bundesurlaubsgesetz


In deiner Ausbildung gibt es einen klaren Plan: den Ausbildungsrahmenplan. Er legt fest, was du wann lernen sollst. Deine Ausbilder:innen sind dafür verantwortlich, dir die Inhalte Schritt für Schritt beizubringen – zur richtigen Zeit und in der richtigen Reihenfolge. Wenn das in deinem Betrieb nicht gut läuft, hast du das Recht (und auch die Pflicht), das anzusprechen und eine Änderung zu verlangen.


8. Mein persönlicher Tipp

In meinem Fall habe ich direkt in der Berufsschule Hilfe bekommen. Wenn du ein Problem hast, kannst du dich jederzeit an deine Lehrkräfte oder ans Sekretariat wenden. Ich wurde damals von einer sehr freundlichen Lehrerin und Pädagogin unterstützt – sie hat mir zugehört, mir Mut gemacht und mich beraten.

Besonders geholfen hat mir das Projekt QUABB – Qualifizierte Ausbildungsbegleitung in Betrieb und Berufsschule. Vielleicht gibt es auch an deiner Schule eine Ansprechperson von QUABB. Frag einfach mal nach!


9. Ein Betriebswechsel = nicht automatisch alles besser

Wenn dein Ausbildungsbetrieb wirklich nicht zu dir passt und du die Voraussetzungen erfüllst, kannst du die Stelle wechseln. Denk aber daran: Auch im neuen Betrieb wird es Herausforderungen geben – wie schwierige Kolleg:innen, unfreundliche Kundschaft, stressige Urlaubsplanung oder unangenehme Aufgaben.


Für viele ist die Ausbildung die erste echte Erfahrung in der Arbeitswelt. Dazu gehört auch, den Umgang mit Problemen und Konflikten zu lernen. Bevor du aufgibst: Versuch, mit deinem Betrieb zu sprechen und übe, offen zu kommunizieren.


Du kannst mehr erreichen, als du denkst.

 

 

 

Quellen:

Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main (o. D.), Schlichtungsangebot bei Streitigkeiten in der Ausbildung, IHK Frankfurt am Main, https://www.frankfurt-main.ihk.de/aus-und-weiterbildung/ausbildung/ausbildungsberatung/schlichtung/schlichtungsangebot-bei-streitigkeiten-5354648, 13.05.2025

QUABB – Qualifizierte Ausbildungsbegleitung in Betrieb und Berufsschule (o. D.), Unterstützung für Auszubildende, quabb-hessen.de, https://www.quabb-hessen.de/fuer-auszubildende.html, 13.05.2025

Azuro München (o. D.), Kommunikation in der Ausbildung: Tipps und Unterstützung, Azuro – Beratung für Auszubildende, https://www.azuro-muenchen.de/infos-unterstuetzung/kommunikation/#kommunikation, 13.05.2025

 
 
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